Psychische Gesundheit in Deutschland? Eine Faktenprüfung.

 

In der Presse liest man hin und wieder Artikel über das Burn-Out-Syndrom oder auch die Depression. Darüber hinaus erfährt man, dass bestimmte Berufsgruppen – z.B. Lehrer, Ärzte und Pflegepersonal – ganz besonders unter ihren Arbeitsbedingungen leiden. Gerade für Lehrer gibt es mittlerweile eine Reihe an Selbsthilfeliteratur, was ja für sich betrachtet bereits eine deutliche Sprache spricht. Im weiteren arbeitsbezogenen Bereich werden gerne Tipps zur Verhandlungsführung, Kleiderordnung oder Kommunikation mit dem Chef gegeben. Die üblichen Dos und Donts für den ambitionierten Mitarbeiter.

 

Bei meinen Recherchen zum Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz war ich daher sehr überrascht, wie viel Informationsmaterial, Berichte und Studien man sowohl in der Literatur, als auch von offizieller Seite findet und wie gut das Feld bezüglich Ursachenforschung bereits bestellt ist.

 

Die gesetzlichen Krankenkassen schlagen Alarm

 

Alle großen gesetzlichen Krankenkassen berichten in ihren Gesundheitsreports, wie ernst die Lage ist: jedes Jahr sind ca. ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands von einer psychischen Erkrankung betroffen.

 

Während sich die drei Krankheitsgruppen (Psychische und Verhaltensstörungen aufgrund psychoproper Substanzen, schizophrene und wahnhafte Störungen, sonstige psychische und Verhaltensstörungen) in einem Betrachtungszeitraum von 12 Jahren sehr stabil halten, ist der Anstieg der Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen ausschließlich auf zwei Krankheitsgruppen zurückzuführen: die sog. Affektiven Störungen, wie z.B. Depression, Manie und Bipolare Störung sowie die sog. Neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen, wie z.B. Ängste, Panik, Zwang, akute Belastungsreaktion, Erschöpfung und psychosomatischen Symptome.

 

Die Depression, als ohnehin wichtigste Einzeldiagnose, steigt in dem o.g. Betrachtungszeitraum von 12 Jahren um 129% an. In Arbeitsunfähigkeitstagen ausgedrückt bedeutet das einen Anstieg von 37 Tagen auf 85 Tage pro 100 Versicherte.

 

Wird das Problem erkannt?

 

Man kann also tatsächlich sagen: hier gibt es ein Problem.

Und der erste Schritt zur Lösung eines Problems ist, anzuerkennen, dass eines da ist.

 

Auch wenn sich viele Unternehmen mittlerweile vorbildlich der körperliche Gesundheit ihrer Mitarbeiter angenommen haben, so gibt es in Bezug auf die psychische Gesundheit noch Verbesserungsbedarf.

 

Im Europäischen Vergleich liegt Deutschland hier tatsächlich weit abgeschlagen im hinteren Drittel. Gerade mal 16% der deutschen Unternehmen kümmern sich tatsächlich um das gesamte Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter, also Körper und Seele.

 

Lassen Sie uns noch einmal daran erinnern, was es bedeutet, psychisch gesund zu sein. Diesmal habe ich beim guten alten Freud nachgeschlagen, der dazu gesagt hat:

 

„Wenn Menschen arbeits- und liebesfähig sind, dann sind sie psychisch gesund. Wenn Menschen ihre Gestaltungskraft entfalten können und im sozialen Raum anderen Menschen mit Zuneigung und Empathie begegnen können, wenn sie auf diese Weise die Grundlage zu persönlichen, tragfähigen und erfüllenden Beziehungen legen, dann spricht Vieles dafür, dass sie ein gutes Maß an psychischer Gesundheit in sich tragen.“

 

Was für eine schöne Beschreibung. Finden Sie nicht?

 

Die Gesundheit der Mitarbeiter ist nicht Nice-to-Have

 

Die psychische Gesundheit der Menschen eines Landes sollte also nicht nur ein Nice-To-Have-Faktor sein, den sich nur wenige leisten können, sondern sie sollte tatsächlich als erstrebenswertes Hohes Gut betrachtet werden. Schließlich stellt sie in erheblichem Maße das Fundament für das Funktionieren einer Gesellschaft dar.

 

Andere Länder haben diesbezüglich bereits wichtige Schritte unternommen. Auch in Deutschland gibt es zarte Versuche, das Bewusstsein dahingehend zu verändern. Welche Länder hier besonders aktiv sind und was sie alles tun, werde ich in meinem nächsten Blogeintrag ausführen.

 

Denn ob ein Mensch nun psychisch gesund bleibt oder nicht, hängt in hohem Maße von den Umweltfaktoren ab. Hierzu gibt es tatsächlich viele neue Erkenntnisse, die von der früher als hauptsächlich genetisch kategorisierten Entstehungsgeschichte abweichen. Auch hierüber werde ich in diesem Blog schreiben.

 

Herzlichen Dank für Ihrer Aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal in diesem Blog.

 

Alles Gute,

Ihre Uta Siebert

 

 

 

 

Quellenangaben:

DAK-Gesundheit 2012

Kamp, Lothar und Pickshaus, Klaus: Regelungslücke psychische Belastungen schliessen, Hans-Böckler-Stiftung, 2011